„NOSTALGIE“ FOTOAUSSTELLUNG MIT 10 FOTOGRAFEN IN BAD WALDSEE

Vernissage Sonntag, 9. Juni um 11.00 Uhr

Die Bilder sind Erzählungen von vergangenem Glück und Unglück. Zu sehen gibt es die Motive im Museum im Kornhaus in Bad Waldsee.

Großes Publikum im Kornhaus zur Vernissage der Fotoausstellung „Nostalgie? - 10 fotografische Sichtweisen“, Arbeiten von zwei Fotografinnen und acht Fotografen aus der Region. Der Autor Wolfgang Mach hielt die Einführung, der Musiker und Perkussionist Andieh Merk erfreute mit Cajon, Saxophon und Querflöte. Hubert Leißle vom Museumsverein hieß die Stadtoberen und die vielen Gäste willkommen.Warum steht ein Fragezeichen hinter einem Begriff, der eine unbestimmte Sehnsucht nach einer verklärten Vergangenheit beschreibt? Wolfgang Mach ging dem Wort historisch auf den Grund und nahm mit dem Satz „Die Seele der Kamera ist der Mensch“ den Faden zu den unterschiedlichen Sichtweisen auf. Schließlich verbindet jede und jeder etwas Anderes mit diesem Gefühl.

Lesen und sehen und starke Fotos beäugen

So behängt Roland Rasemann als lebenslanger Fotojournalist eine Wand mit fiktiven Zeitungsseiten, den „Nostalgia News“. Davor wird der Schauende auch zum Lesenden und starke Fotos prägen sich mit Texten ganz anders ein. Nebenan gibt Wynrich Zlomke in einer kleinen Glasvitrine die Erklärung zu seinen spielerischen Trompe l'oeil-Fotos: Es ist alles Miniatur, aber durch den Kontext oder in einer simulierten Landschaft wird das abgeschrubbte Spielzeugauto zum Wahnsinnsschlitten, das Plastikschiffchen zur Yacht.

Definitiv verspielt ist auch eine ganze Koje von Markus Leser gestaltet: zwei Wände mit alten Rahmen, darin Fotos wie aus den 70ern? Aber nein, alles aktuell im letzten Jahr aufgenommen mit Filter und auf mattem Papier abgezogen: Fotos von geschlossenen Wirtschaften in ihrer detaillierten Tristesse - und ein Kasten Bier gehört auch zur Gesamtinstallation.

Ferdinand Joestens Fotos zählen auf den zweiten, verstehenden Blick, der die kontrastierten Elemente oder Personen in den vom Fotografen erfassten Sinnzusammenhang setzt. Mit einem Wort: stille Bilder, deutungsreich, spannend, über jedes könnte man vieles sagen, ohne dass sie sich erschöpfen.

Mit dem Menschen setzen sich Alexandra Pflug und Katja Gehrung auseinander - aber wie verschieden! Von harter Arbeit, einem schweren Leben zeugen Pflugs hoch expressive Schwarz-Weiß-Portraits von Leuten vom Land, während die Fotografien von Gehrung selbstironisch, provokant und bizarr sich wie Sketches selbst in Szene setzen und einer Karikatur nahe kommen.

"Bühnenbilder" verstehen lernen

Ernst Fesseler hat eine Serie von Weitwinkelpanoramen von Dachböden oder Speichern zu einem Fries zusammen gestellt und nennt sie „Bühnenbilder“, für Oberschwaben kein hintergründiger Witz, für Nichteinheimische schon. Verhüllte Überseekisten wie Särge unter einem Leichentuch, vollgerümpelte Speicher, in einem sieht man gar ein echtes Bühnenbild? Auch hier wird viel erzählt vom staubigen Weiterleben der Dinge.

A propos Dinge: Veith Hämmerle stellt sich angesichts alter Kutschen und edler Limousinen die Frage nach dem Sinn musealen Aufhebens. Steffen Dietze montiert hingegen einen freundlichen Halbmond im Sternenhimmel hinter einen offenen Dachstuhl oder einen stickigen Raum der Fünfzigerjahre und erzeugt eine wahrhaft nostalgische Idylle. Rolf Schultes hat sich begeistert für das lebendige Handwerk der norddeutschen Schäferin, die ihre 800 Schafe gerade durch Oberschwaben führt und auf Bestellung Wiesen abweiden lässt. Auch dies hat - trotz und wegen ihrer Jugendfrische - durchaus mit Nostalgie zu tun und die Großfotos verwandeln sich im Hinblicken zu Gemälden.

Text und Bild: Dorothee Schaefer

Die Ausstelung läuft bis zum 4. August und ist geöffent von Freitag bis Sonntag von 13.30 Uhr bis 17.30 Uhr.


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